Mein Verhältnis zur Theorie ist kein orthodoxes. Mich interessiert mehr, wie die Akkorde
klingen, als wie sie heißen oder aufgebaut sind. Deswegen hoffe ich, hier nirgends einen
kapitalen Fehler eingebaut zu haben. Ich hoffe auch, daß Dich diese Akkorde faszinieren, falls
Du Dich noch nie systematisch mit Theorie befaßt hast. Das wäre tausendmal besser, als
wenn ich Dir erklären müßte, wie wichtig das Zeug ist. Doch vielleicht
überzeugt Dich dies: Es ist wie eine Sprache zu lernen. Plötzlich versteht man etwas.
Oder anders gesagt: Wenn Du die Grundlagen der Harmonielehre drauf hast, ist es z.B. leichter
für Dich, die Akkorde eines Stückes herauszukriegen, das Du nachspielen willst.
Es geht hier um diese Akkordfolge:
G-Dur/A-Moll/H-Moll/C-Dur/D-Dur/E-Moll/Fis-VD7/G-Dur
Die gelben Akkorde sind nicht all zu schwer und die solltest Du üben. Die Grünen sind
mehr zum Zeitvertreib, falls Dir auf die Frage nach dem Sinn des Lebens keine bessere Antwort
einfällt. Für manche Akkorde habe ich mehr als einen Griff aufgemalt. Die klingen
unterschiedlich, was man kompositorisch nutzen kann. Mir geht es aber mehr darum, daß Du auf
dem Griffbrett eine räumliche Orientierung bekommst, also weißt, wo die Akkorde liegen.
Außerdem kannst Du so sinnvoll greifen lernen und eine ganze Oktave von Akkorden auch auf dem
"kürzeren" Griffbrett einer Konzertguitarre unterbringen.
Natürlich gibt es noch viel viel mehr Griffe, allein, weil man Akkorde mehrfach umkehren
und mit zusätzlichen Tönen erweitern kann. Gitarrengriffe sind häufig Umkehrungen,
weil die Quinte meistens vor der Terz kommt. Umkehren bedeutet, die Terz oder die Quinte eine
Oktave tiefer oder höher zu legen. Bis in die Zeiten Bachs haben sich die Theoretiker darum
gestritten, ob diese Akkorde noch die selben sind, denn sie klingen anders und ein anderer Ton ist
der tiefste. Rameau, ein Zeitgenosse Bachs, erkannte aufgrund der harmonischen Zusammenhänge
als erster die Umkehrbarkeit von Akkorden. Dies ist jetzt aber nicht so wichtig, obwohl damals von
der Einstellung zu dieser Frage das berufliche Schicksal abhängen konnte.
Wie schlägt man diese Akkorde an? - Mache es Dir da nicht zu schwer. An Anfang genügt
es, wenn Du alle vier Saiten gleichzeitig zupfst. Die tiefste Saite mit dem Daumen, und die
folgenden mit Zeige- Mittel- und Ringfinger. Das ist so eine Art Zwickbewegung. Probiere es. Mit
diesem "primitiven" Anschlag bekommt man sehr schnell ein wunderbar feines Rhythmusgefühl, das
man so mit dem Plättchen nie haben wird. Das ist eben ein anderer Stil. Mit guten Krallen
(Fingernägel), hast Du fast den gleichen harten Ton. Ob Du später mehr oder weniger
komplizierte Arpeggios zupfst, ist Deine Sache. Sowas zu können ist nie verkehrt. Wenn Du ganz
sophisticated musizieren willst, kannst Du das Zupfen mit dem Plektronspiel verbinden, so wie es
der leider ebenfalls selige Rory Gallagher getan hat. Halte das Plättchen wie gewohnt zwischen
Daumen und Zeigefinger und zupfe mit den übrigen drei Fingern.
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